Seeshaupt: Kirchenvorsteher mit Zivilcourage


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Beim Novemberpogrom in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 kam es auch in Seeshaupt am Starnberger See zu einer Aktion gegen Einwohner, die nach den Nürnberger Gesetzen als Juden galten. Davon betroffen waren drei Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde, die als Filialort zur Kirchengemeinde Penzberg gehörte. Zwei Bauernburschen, die der SS beigetreten waren, hatten den Auftrag, sie zu verhaften und nach München zu bringen.


Als die Burschen am frühen Morgen lautstark an die Haustür eines Betroffenen pochten, wurden Nachbarn aufmerksam und verständigten die in Seeshaupt ansässigen Mitglieder des Penzberger Kirchenvorstands. Dr. Max Schröer, früher Bürgermeister von Hildburghausen, der Landwirt Georg Veitinger und der Kutscher Johannes Lang gingen ins Rathaus und erklärten dem Bürgermeister, sie ließen es unter keinen Umständen zu, dass die Gemeindemitglieder vertrieben würden. Dies sei keine Art und Weise, wie man mit einem Menschen umgeht (Zitat nach H. Rößler, Es hat sich Unerhörtes ereignet, 139). Sollte die Aktion fortgesetzt werden, würden sie selbst mit nach München gehen.


Der Erfolg war jedoch von kurzer Dauer, denn nun wurde die gewaltsame Abholung aller jüdischen Einwohner durch die SA angedroht, wenn sie nicht innerhalb von drei Tagen den Landkreis verlassen würden. Auf diese Weise sollte der Landkreis „judenfrei“ gemacht werden.


Wieder war es der Kirchenvorsteher Max Schröer, der großen Mut zeigte. Gemeinsam mit Vikar Christoph Simon, der als Ersatz für Karl Steinbauer in die Penzberger Kirchengemeinde gekommen war, setzte er sich beim NSDAP-Kreisleiter in Bad Tölz für die Betroffenen ein. Schröer und Simon kündigten an, dass sich zum Schutz der Bedrohten Mitglieder der evangelischen Gemeinde in deren Wohnungen begeben würden. Obwohl der Kreisleiter drohte, diese Auflehnung gegen den Staat würde mit allen Mitteln gebrochen, teilte der Bürgermeister Vikar Simon kurz darauf mit, dass die SA-Aktion nicht durchgeführt werde.


Quelle / Titel


  • © 1: Privatbesitz Elisabeth Giesen geb. Steinbauer, Köln; 2: südSee Kinder- und Jugendhilfe e. V., Seeshaupt

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