Der „Apostel“ Münchens: R. Mayer als Seelsorger


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Bahnhofsgottesdienste


Das sich immer mehr verändernde Freizeitverhalten erforderte zusehends eine kirchliche Antwort. So konnten z. B. etliche Katholiken nicht mehr problemlos ihre Sonntagspflicht erfüllen, d. h. den sonntäglichen Messbesuch, wenn sie als Sonntagsausflügler in den frühen Morgenstunden mit dem Zug aufbrachen, was in München oft ganze Scharen waren, die sich am Bahnhof sammelten.


Um hier auftauchende Gewissenskonflikte der Gläubigen zu vermeiden, etablierte Pater Rupert Mayer ab 1925 die Bahnhofsgottesdienste, die bis 1939 stattfanden. Die erste Messe an Sonn- oder Feiertagen fand um 03:10 Uhr statt, vier weitere folgten, er selbst predigte meist bei den ersten beiden Gottesdiensten.


Dieses Angebot wurde neben den Reisenden auch sehr gut von denen, die am Sonntag arbeiten mussten (z. B. Taxifahrer), angenommen. Pater Mayer erstattete dem Münchner Erzbischof regelmäßig Bericht über das Angebot und die Teilnehmerzahlen. Wie das Schreiben Faulhabers dokumentiert, wurde es von ihm dankbar angenommen. Bemerkenswert ist, dass der Kardinal 1934 im Vergleich zum Vorjahr die Steigerung der Gottesdienstbesucher lobend erwähnt.


Vielleicht kann man an der Zunahme der Besucher auch ein Zeichen der Gläubigen sehen, die damit ihre Verbundenheit mit dem für seine Kritik an den Nazis bekannten Pater Mayer bekundeten.


Seelsorger für die Zuwanderer


Als Pater Mayer 1912 nach München kam, wurde er mit der Seelsorge für Zuwanderer, also v. a. Leute, die in München Arbeit suchten, betraut. Zunächst kümmerte er sich darum, die Zuwanderer zu begrüßen und ihnen das karitativ-soziale, aber auch geistliche Angebot der Kirche vorzustellen.


München erlebte gerade in den Jahren nach der Jahrhundertwende einen gewaltigen wirtschaftlichen Boom, was viele einfache und arme Leute in der Hoffnung auf Arbeit in die prächtige Haupt- und Residenzstadt lockte.


Sie wurden hier von unterschiedlichen weltanschaulichen Bewegungen, v. a. natürlich den Kommunisten, umworben und lebten teilweise in großer Armut unter prekären Wohnverhältnissen. Gerade (junge) Frauen waren stark benachteiligt, als Dienstmädchen wurden sie oft ausgenutzt und hatten den amourösen Annährungen der Hausherren meist wenig entgegenzusetzen.


Angesichts dieser Situation gründete Pater Mayer die Ordensgemeinschaft der Schwestern von der Heiligen Familie, dessen geistliche Betreuung er übernahm und die sich besonders um die Frauen kümmerte.


Präses der Marianischen Männerkongregation


Im Zuge der katholischen Reform entstanden v. a. im 17. Jahrhundert unter Führung des Jesuitenordens Bruderschaften und religiöse Vereinigungen, z. B. die Marianischen Männerkongregationen, wo sich die Bürger der Stadt zu Gebet (meist Rosenkranz) und religiöser Erbauung trafen. Eine der ältesten ist die Männerkongregation am Bürgersaal zu München.


Pater Mayer war ab 1921 Präses, also geistliches Haupt der Vereinigung. Ihm gelang es bis 1932, die Mitgliederzahl fast zu verdreifachen (1932: rund 7000). Wenn zur Fronleichnamsprozession die Männerkongregation mitzog, bot diese ein beeindruckendes Bild. Auch wegen der Rückendeckung, die Pater Mayer in München beim Volk erfuhr, stieß er bei den Nationalsozialisten immer mehr auf Ablehnung und Widerstand.


Quelle / Titel


  • © Archiv der Deutschen Provinz der Jesuiten, Akz. 298/2010, Nr. 124 e (5.5)