Protestbriefe an Hitler


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In den Jahren 1935 bis 1939 war Wurm bestrebt, die Eigenständigkeit der Landeskirche zu wahren und zugleich loyal zum NS-Staat zu sein. So war er – im Gegensatz zu einem Teil der Bekennenden Kirche – bereit, mit dem von Hitler 1935 eingerichteten Reichskirchenministerium und dessen Leiter Hanns Kerrl bedingt zusammenzuarbeiten; einen Bruch der Bekennenden Kirche in einen lutherischen und einen radikalen, „dahlemitischen“, Flügel nahm er hin.


Auch von Pfarrern seiner Landeskirche musste sich Wurm daraufhin den Vorwurf gefallen lassen, dem Staat zu weit entgegenzukommen, um den Bestand der Kirche als Körperschaft zu sichern; theologische Belange, so seine Kritiker, würden bei ihm in den Hintergrund treten.


Engagiert verteidigte Wurm kirchliche Rechte gegen Angriffe im Gefolge der von den Nationalsozialisten 1935 propagierten „Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens“. Immer wieder konfrontierte er den NS-Staat mit dem Recht. In verschiedenen Auseinandersetzungen zeigte sich, dass die Unabhängigkeit des Gerichtswesens noch gegeben war.


In der Auseinandersetzung um die konfessionelle Volksschule war die württembergische Landeskirche zunächst bestrebt, die vom Kultminister betriebene Einführung von Gemeinschaftsschulen zu verhindern. Als jedoch das Ministerium die Zusicherung gab, der Religionsunterricht würde wie bislang unterrichtet, gab die Landeskirche im April 1936 klein bei.


Den insbesondere mit den Namen Bormann, Rosenberg oder Himmler verbundenen zunehmend antikirchlichen Kurs des Regimes suchte Wurm auf verschiedenen Wegen zugunsten einer Tolerierung der kirchlichen Arbeit zu beeinflussen. In Gesprächen mit Funktionsträgern wollte Wurm die Position der Kirche festigen und sichern.


Auch bei Hitler selbst wurde er vorstellig. Zugleich im Namen weiterer Kirchenleiter protestierte Wurm am 12. Juli 1938 in einem grundsätzlichen Schreiben gegen die Einrichtung von Finanzabteilungen, die dem Staat direkten Einfluss auf die evangelischen Kirchen gewähren sollten. Diese – wie eine Reihe anderer Maßnahmen – würden die „Volksgemeinschaft“ gefährden und die Kirchen zerstören; sie stünden im Widerspruch zu den vom NS-Staat zugesicherten Rechten der Kirchen.


Deutlich ist, dass dieses Schreiben nicht wie die im Mai 1936 entstandene Denkschrift der Bekennenden Kirche eine grundsätzliche Infragestellung der NS-Weltanschauung enthielt, sondern vor allem darauf abzielte, Hitler für eine Intervention zugunsten der Kirchen zu gewinnen. Wurm wollte Einfluss auf die NS-Kirchenpolitik nehmen und den Status der Kirche sichern, damit diese weiter im Volk wirken konnte.


Quelle / Titel


  • © Landeskirchliches Archiv Stuttgart, D1/77

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