Die Barmer Theologische Erklärung


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Die Barmer Theologische Erklärung vom Mai 1934 gilt als die „Magna Charta“ der Bekennenden Kirche. Sie besteht im Kern aus sechs Thesen – mit jeweils vorangestellten Bibelworten und anschließenden Verwerfungen. Ihr Hauptverfasser war der reformierte Bonner Theologieprofessor Karl Barth. Mit dem amtsenthobenen Altonaer Pfarrer Hans Asmussen und dem stellvertretenden bayerischen Landesbischof Thomas Breit waren aber von Anfang an auch zwei Lutheraner an der Entstehung der Erklärung beteiligt.


Auf der ersten Reichsbekenntnissynode in Barmen wurde der Text zunächst in einem reformierten und in einem lutherischen Konvent geprüft und schließlich im Zusammenhang mit dem interpretierenden Referat Asmussens einstimmig angenommen. Lediglich der lutherische Erlanger Theologieprofessor Hermann Sasse sah sich aus formalen – nicht inhaltlichen – Gründen nicht in der Lage zuzustimmen, reiste aber gemäß alter kirchlicher Tradition vorzeitig ab, um die Einmütigkeit des Synodenbeschlusses nicht zu gefährden.


Die zentrale erste These der Erklärung betont im Gegensatz zur Lehre der Deutschen Christen die Exklusivität der Offenbarung Gottes in Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird. Jegliche natürliche Theologie, d. h. die Vorstellung einer Offenbarung Gottes in der Natur, in der Geschichte oder in menschlichen „Ordnungen“ (wie Rasse, Staat, Familie etc.), wird als falsche Lehre ausdrücklich verworfen.


In der zweiten These spiegelt sich Barths Lehre von der sowohl die kirchliche als auch die bürgerliche Gemeinschaft umfassenden „Königsherrschaft Christi“ (Wir verwerfen die falsche Lehre, als gebe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären ...). Sie steht in einer gewissen Spannung zu der auf der Synode neuformulierten fünften These, die im Grunde der lutherischen „Zwei-Regimenten-Lehre“ entspricht (Eigenrecht des Staates, der allerdings Gott gegenüber verantwortlich ist).


Die Thesen 3 und 6 warnen die Kirche vor einer Anbiederung an den jeweiligen Zeitgeist bzw. davor, ihrem Auftrag, an Christi Statt ... durch Predigt und Sakrament die Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk, nicht untreu zu werden. In These 4 wird als Reaktion auf die diktatorischen Bestrebungen des deutschchristlichen Reichsbischofs eine hierarchische Ordnung der Kirche abgelehnt: Kirchliche Amtsträger üben nichts weiter aus als einen eigentlich der ganzen Gemeinde anvertrauten und befohlenen Dienst.


Abgesehen von durchaus konkreter kirchenpolitischer Abwehr angesichts der Gleichschaltungsbestrebungen der Deutschen Christen enthielt die Barmer Erklärung ihrem Selbstverständnis nach kein politisches Programm. Widerstand oder Eintreten für die Opfer des Nationalsozialismus lagen nicht im Denkhorizont der ganz überwiegend nationalkonservativ eingestellten Synodalen (Martin Greschat).


Die zweifellos vorhandene politische Bedeutung der Erklärung bestand paradoxerweise vor allem in der grundsätzlich ideologiekritischen Rückbesinnung auf die Theologie im engeren Sinne – darin, dass man sich, wie Klaus Scholder es formulierte, die damals übermächtige politische Fragestellung gerade nicht aufnötigen ließ. Immerhin gelang es der Bekennenden Kirche – anders als anderen gesellschaftlichen Großgruppen – sich der Gleichschaltung nachhaltig zu widersetzen.


Quelle / Titel


  • ©Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte München, Nachlass von Soden 7

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