Der „Fall Dehn“


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Der Berliner Pfarrer Günther Dehn (1882–1970) hielt am 6. November 1928 in Magdeburg einen folgenreichen Vortrag über „Kirche und Völkerverständigung“. Darin sprach er sich gegen eine Charakterisierung des Soldatentodes als christlichen Opfertod aus, da Soldaten eben selbst hätten töten wollen.


Damit löste er innerhalb und außerhalb der Kirche eine breite Empörung aus. Seine Äußerungen wurden dahin gehend interpretiert, dass er in Soldaten Mörder sehe und ihnen die christliche Ehre in den Kirchen verweigern wolle. Schließlich erteilte das Berliner Konsistorium Dehn einen Verweis, da sein Verhalten den allgemeinen kirchlichen Interessen geschadet hätte.


1930 wurde der nunmehr als „roter Pfarrer“ reichsweit bekannte Dehn auf einen Lehrstuhl für Praktische Theologie in Heidelberg berufen. Infolge heftiger kirchlicher und studentischer Attacken und Intrigen verweigerte die Theologische Fakultät eine Vertrauenserklärung für Dehn, woraufhin Dehn auf die Professur verzichtete. Er nahm nun einen Ruf nach Halle an.


Doch dort führte der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund einen erbitterten Kampf gegen ihn und seine Lehrveranstaltungen. Der preußische Kultusminister löste den Konflikt, in dem er Dehn für ein Studienjahr beurlaubte. Im Nachwort zur Darstellung des Konflikts schrieb Dehn Ende 1931 geradezu prophetisch:


Vielleicht ist das, was sich in Heidelberg und Halle ereignet hat, nur ein Vorspiel kommender Ereignisse, wo ein rein machtpolitisch orientierter Staat, der von seiner Verantwortung Gott gegenüber nichts mehr weiß, von der Kirche entweder völligen Gehorsam verlangen oder sie für staatsgefährlich erklären wird. Es kann sein, daß die Kirche der Gegenwart an der Schwelle schwerster Kämpfe mit dem modernen Nationalismus steht, in denen sie in ihrer Existenz gefordert sein wird. Sollte ich diesen kommenden Auseinandersetzungen dadurch ein trübes Vorzeichen geben, daß ich feige nachgebe und im Interesse meiner persönlichen Ruhe dem Angriff ausweiche? Hier muß Widerstand geleistet werden (89f.).


Noch vor Ablauf seines Studienjahres kam Hitler an die Macht und Dehn wurde entlassen.


Quelle / Titel


  • © Ev. Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte, München