Die Jungreformatorische Bewegung


  • 1tes Bild zum Dokument
    Bildlupe

Die Jungreformatorische Bewegung war eine Gruppe evangelischer Pfarrer und Theologen, die sich am 9. Mai 1933 als Reaktion auf die „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ in Berlin zusammenfand. Den Gründungsaufruf der theologisch sehr heterogen ausgerichteten Gruppe unterzeichneten u. a. Hanns Lilje, Walter Künneth und Friedrich Gogarten, später schlossen sich auch Martin Niemöller und Dietrich Bonhoeffer dieser Bewegung an.


Die Jungreformatorische Bewegung verstand sich als Widerpart zur Glaubensbewegung Deutsche Christen, deren kirchenpolitische Ziele sie bekämpfte. Gleichwohl zeigten sich auch inhaltliche Übereinstimmungen, etwa in dem Ziel einer einheitlichen deutschen evangelischen Kirche mit einem Reichsbischof an ihrer Spitze sowie in der antiliberalen Haltung und in der Bejahung des „neuen deutschen Staats“, d. h. des Nationalsozialismus.


Deutlich unterschied sich die Jungreformatorische Bewegung in der Reichsbischofsfrage von den Deutschen Christen. Nach deren Verständnis sollte die „Ernennung“ durch das sogenannte Dreimännerkollegium erfolgen (vs. „Urwahl“). Die Jungreformatorische Bewegung dagegen forderte ein freies kirchliches Handeln ohne jede politische Beeinflussung und lehnte die Übernahme des „Arierparagraphen“ auf kirchliche Institutionen ab.


Noch im Mai 1933 kam es bei der Wahl des ersten Reichsbischofs zum Machtkampf mit den Deutschen Christen, den die Jungreformatorische Bewegung nur kurzzeitig für sich entscheiden konnte. Bei den Kirchenwahlen im Juli 1933 trat die Jungreformatorische Bewegung gegen die Deutschen Christen an, sie unterlagen allerdings deutlich, nicht zuletzt weil die Deutschen Christen massive Wahlkampfunterstützung durch die NSDAP erhalten hatten. So war die Jungreformatorische Bewegung von der NS-Presse diffamiert worden.


Die Bedeutung der Jungreformatorischen Bewegung liegt in ihrem Bemühen, die Kirche aus der Einflusssphäre der NS-Politik herauszuhalten. Zwar hatte die Jungreformatorische Bewegung ihre primären kirchenpolitischen Zielsetzungen nicht einlösen, aber im Hinblick auf die Glaubensbewegung Deutsche Christen eine klare Gegenposition aufbauen können. Die Gruppe fungierte damit zu einem frühen Zeitpunkt der NS-Herrschaft als ein Sammlungsort und theologischer Impulsgeber für viele jener kirchlich-theologischen Kräfte, die nur wenige Monate später zur Herausbildung der „Bekennenden Kirche“ maßgeblich beitrugen.


Quelle / Titel


  • ©Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte, A 1.4

Verwandte Inhalte