Theologieprofessor in Breslau


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Als Professor in Breslau unterhielt Ernst Lohmeyer seit Mitte der 1920er Jahre enge Kontakte zu einem Kreis von „neukantianisch“ ausgerichteten Intellektuellen. Zu den Mitgliedern dieses an Stefan George anknüpfenden „Kreises“ gehörten außer Lohmeyer der Historiker Richard Koebner, der Indologe Otto Strauß, der Jurist und Kulturphilosoph Eugen Rosenstock-Huessy sowie vor allem der Sprachphilosoph und Mediziner Richard Hönigswald, mit dem Lohmeyer lebenslang freundschaftlich besonders verbunden blieb.


In seiner Zeit in Breslau wurde Lohmeyer zu einem der führenden Neutestamentler seiner Zeit und seine biblisch-theologischen Kommentare zur „Offenbarung des Johannes“ (1926), zum „Philipperbrief“ (1928) und zum „Evangelium des Markus“ (1937) fanden breite Beachtung.


Im Wintersemester 1930/31 hatte sich der „Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund“ an Deutschlands Universitäten mehrheitlich durchgesetzt. Im gleichen Zeitraum übernahm Lohmeyer die Rektoratsgeschäfte in Breslau.


In seiner Antrittsrede am 3. November 1930 behandelte Lohmeyer das Thema Glaube und Geschichte in den vorderorientalischen Religionen. Das war nur scheinbar kein politisches Thema. An zentraler Stelle seiner Rede sprach Lohmeyer von der Messias-Anschauung der israelitisch-jüdischen Religion als Basismodell nicht nur für die christliche Theologie, sondern für die Geschichtsphilosophie insgesamt.


Unter Hinweis auf die zentrale Bedeutung der Mittlergestaltdes Wortes Gottes für die jüdische ebenso wie für die urchristliche Theologie relativierte er damit die vor allem in weiten Kreisen des deutschen Protestantismus verbreitete Anschauung von einer offenbarungstheologischen Relevanz des deutschen Volkes und des deutschen Staates.


In seiner im Juli 1931 – im Jahr der Notverordnungen Hindenburgs – gehaltenen Sommersemesterschlusspredigt sprach Lohmeyer in Auslegung des 1. Johannesbriefs von dem Dunkel unserer Tage gerade auch in politischer Hinsicht.


Quelle / Titel


  • Sendker, gemeinfrei