„Für die Freiheit des Evangeliums“


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Auf die Machtübernahme Hitlers reagierte Barth mit einer demonstrativen Häufung seiner theologischen Arbeit: An der Bonner Universität erhöhte er sein Wochenpensum auf 14 Stunden Lehre. Es kam ihm darauf an, daß gerade jetzt nur ganz ernsthafte theologische Arbeit ein sinnvolles Tun sein könne. Damit war keine Resignation vor der Übermacht der Politik gemeint, sondern gerade die unbestechliche Weiterarbeit am Wort Gottes.


Mit seiner theologischen Arbeit stritt er den Totalitätsanspruch des Nationalsozialismus in jeder Hinsicht ab und unterstrich das Primat der evangelischen Freiheit. In diesem Sinne verstand er seine aufsehenerregende Schrift „Theologische Existenz heute!“, die vor jedem Missbrauch der Theologie durch vordergründig politische Interessen warnte.


Daher lehnte Barth es auch ab, dass sich die Jungreformatorische Bewegung mit einer eigenen Wahlliste formierte, um bei den von Hitler anberaumten Kirchenwahlen im Juli gegen die Deutschen Christen anzutreten. Beide Seiten, meinte er, missbrauchten das Evangelium im politischen Kampf, statt unbestechlich die Predigt des Evangeliums fortzusetzen.


Das hier gezeigte Plakat scheint dieser Linie auf den ersten Blick zu widersprechen: Gezielt für den Vorabend der Kirchenwahlen, den 22. Juli 1933, kündigte Barth einen öffentlichen Vortrag an.


Doch er hatte sich damit nicht in letzter Minute noch politisch einspannen lassen, sondern zog in diesem Vortrag die eingeschlagene Richtung konsequent fort: Um der Freiheit des Evangeliums willen, sagte er, kann man diesen beiden Listen seine Stimme nicht geben, nämlich weder den Deutschen Christen noch ihren Gegnern, der Liste „Evangelium und Kirche!“. Beide standen dem Sozialdemokraten zu weit rechts, beide ähnlich fern von echter Theologischer Existenz.


Deshalb kandidierte er nun für eine kurzfristig gebildete dritte Wahlliste „Für die Freiheit des Evangeliums“, die keinen kirchenpolitischen Mittelweg anstrebte, sondern den staatsbegrenzenden Stellenwert des Evangeliums in Lehre und Leben zum Maßstab machen sollte. Tatsächlich bekam die Liste in Bonn zehn Prozent der Stimmen. Barth wurde ins Presbyterium seiner Gemeinde gewählt.


Quelle / Titel


  • © Reproduktion Gedenkstätte Deutscher Widerstand (5090)

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