Kurt Reuber


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Kurt Reuber war evangelischer Pfarrer, Arzt und Maler. Im Oktober 1939 wurde er zur Wehrmacht einberufen und nahm ab November 1942 als Truppenarzt an der Kesselschlacht von Stalingrad teil. Zum Weihnachtsfest 1942, als die Rote Armee Stalingrad bereits eingeschlossen hatte und die Soldaten gegen Kälte und Hunger kämpften, zeichnete Reuber für seine Kameraden mit Kohle auf die Rückseite einer russischen Landkarte die später berühmt gewordene „Madonna von Stalingrad“.


Im Januar 1943 geriet Reuber in russische Gefangenschaft. Während seines Aufenthaltes im Lager Jelabuga sympathisierte er mit der Bewegung „Freies Deutschland“. In einem offenen Weihnachtsbrief an eine deutsche Frau und Mutter – Advent 1943, der von einem Schriftmaler abgeschrieben und als Weihnachtsnummer der Lagerzeitung „Unsere Stimme“ (Nr. 1 vom 25. Dezember 1943) am Schwarzen Brett ausgehängt wurde, schrieb Reuber in Reaktion auf einen Artikel von General von Seydlitz:


Uns sind in der Verkettung von Schuld und Schicksal die Augen für die Schuld weit geöffnet worden. Weißt Du, vielleicht werden wir am Ende unseres jetzigen schweren Weges noch einmal dafür dankbar sein, dass uns durch scheinbare Enttäuschung unserer ‚Adventserwartung‘, durch alles Leid der vorjährigen und auch der diesjährigen Weihnacht eine wahre Erlösung und Befreiung des einzelnen und des Volkes zuteil wird. Nach alter Tradition ist Adventszeit zugleich Zeit der Selbstbesinnung. So ganz am Ende, vor dem Nichts, im Bann des Todes – welch eine Umwertung der Werte hat sich in uns vollzogen! So wollen wir diese Wartezeit nützen als innere Zurüstung auf ein sinnerfülltes neues Dasein und Wirken in unserer Familie, im Beruf, im Volk. Mitten auf unseren adventlichen Todesweg leuchtet schon das Freudenlicht der Weihnacht als Geburtsfest einer neuen Zeit, in der – wie hart sie auch sein möge – wir uns des neugeschenkten Lebens würdig erweisen wollen (zit. nach: Wiegand, S. 137). Der Brief auf dünnem Luftpostpapier enthält eine zweite Mutter-Kind-Zeichnung, die mit einem Stück Packpapier unterlegt ist und später den Namen „Gefangenen-Madonna“ erhielt.


Reuber starb am 20. Januar 1944 im Kriegsgefangenenlager Jelabuga an einer Infektion. Die beiden Madonnenbilder und etwa 150 weitere Porträts gelangten nach Deutschland, wo das Original der „Madonna von Stalingrad“ seit 1983 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zu sehen ist. Kopien des Madonnenbildes sind heute in zahlreichen Kirchen Europas als Zeichen der Versöhnung ausgestellt. Eine Kopie der Kohlezeichnung „Gefangenen-Madonna“ befindet sich seit 2004 in der Auferstehungskirche Kassel.


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