Nähe zu den Religiösen Sozialisten


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    Photo: Karin Oehlmann, Dormagen

1932 musste die politisch wache Theologin erleben, wie schnell die NS-Ideologie in der Kirche an Einfluss gewann. Im Juni wurde in Berlin – rechtzeitig vor den preußischen Kirchenwahlen im November – die Kirchenpartei „Deutsche Christen“ (DC) gegründet. Ihr Programm: deutsche Einheitskirche statt Landeskirchen, „Führerprinzip“, Ausschluss aller Christen jüdischer Herkunft aus der Kirche und „Reinhaltung der germanischen Rasse“, Schutz des Volkes vor „Untüchtigen“ und „Minderwertigen“, „Vernichtung des volksfeindlichen Marxismus“. Die rheinischen „Religiösen Sozialisten“, denen Ina Gschlössl nahestand, beteiligten sich mit der Liste „Volkskirchenbund evangelischer Sozialisten“ an den Kirchenwahlen. Sie schätzten die Deutschen Christen realistisch ein:


Sie werden vom Evangelium reden, aber sie meinen damit ihr eigenes Evangelium des Rassenhochmutes, der brutalen Vergewaltigung jeder anderen Meinung, der Verherrlichung des Kriegsgeistes und der militärischen Aufrüstung. Sie haben das Kreuz Christi verzerrt zum Hakenkreuz. … Von den evangelischen Pfarrern, von denen sehr viele mehr oder weniger mit dem Faschismus sympathisieren, brauchen sie keinen Widerstand zu befürchten, ebenso wenig von den bisherigen kirchlichen Parteien, die sich ähnlich wie die politischen Parteien des Bürgertums mehr und mehr auflösen. So streckt Hitler seine Hände nach der evangelischen Kirche wie nach einer sicheren Beute aus (Rheinische Zeitung 7.9.1932). Solche Verlautbarungen sind einsame Rufe in einer sich dem Nationalsozialismus zunehmend öffnenden Kirche. Wie im ganzen Reich, brachten die Kirchenwahlen im Juli 1933 den Deutschen Christen auch in Köln einen überwältigenden Sieg. Am Eingangsportal des Martin-Luther-Gemeindehauses in Köln-Bayenthal standen sich hinfort ein steinerner Martin Luther und ein (1945 abgemeißelter) SA-Mann gegenüber.


Quelle / Titel


  • © Foto: Karin Oehlmann, Dormagen [eingefügt ist die Ansicht des rechten Flügels vor dem Abmeißeln des SA-Mannes]