Im Dienst der Bekennenden Kirche


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Seit Januar 1935 stand Gauger, bald als Jurist in leitender Position, im Dienst der Ersten Vorläufigen Kirchenleitung. Er verfasste Gutachten und beriet inhaftierte Pfarrer bzw. deren Anwälte.


Nach der Spaltung der Bekennenden Kirche im Februar 1936 wurde Gauger leitender Jurist im Sekretariat des Rates der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (Lutherrat), ohne jedoch ein gesichertes Arbeitsverhältnis zu erlangen: Seine Anstellung wurde zwar am 18. März 1936 beschlossen, aber Anfang 1937 war sie noch nicht formal vollzogen, sodass der bayerische Oberkirchenrat Thomas Breit (1880–1966) nochmals zugunsten Gaugers intervenierte.


Anders als andere Mitarbeiter war Gauger nicht von einer Landeskirche abgeordnet und sollte auch nicht aus einer landeskirchlichen Umlage bezahlt werden. Seine Bezahlung sollte vielmehr der Lutherrat übernehmen, der aber nicht als Arbeitgeber fungieren konnte. Daher stellte die bayerische Landeskirche Gauger am 17. Juni 1938 dauerhaft als juristischen Hilfsarbeiter ein und ordnete ihn zum Dienst beim Lutherrat ab.


Kirchenpolitisch war Gauger zunächst kompromissbereit und willens, mit den vom Reichskirchenminister eingesetzten Kirchenausschüssen zusammenzuarbeiten, sofern nur die Deutschen Christen bekämpft wurden. Im Juni 1938 sah er aber jeden Versuch der Verständigung mit dem Staat als gescheitert an, man sei so illegal wie die Dahlemiten und er rechnete mit seiner Verhaftung.


Als im Juni 1940 der hannoversche Landesbischof August Marahrens (1875–1950) die fünf Grundsätze von Reichskirchenminister Kerrl (1887–1941) über Kirche, Staat und Rasse unterzeichnen wollte, versuchte Gauger dies zu verhindern, da der Lutherrat sonst seine Existenzberechtigung verliere. Zusammen mit anderen Mitarbeitern des Sekretariats reichte er aus Protest seinen Rücktritt ein, den Bischof Hans Meiser (1881–1956) jedoch ablehnte.


Gaugers Haltung gegenüber der staatlichen Kirchenpolitik wird sowohl in seiner Dissertation – die Druckfassung wurde von der Gestapo verboten – als auch in seinen Beiträgen für das „Calwer Kirchenlexikon“ deutlich. Diese Grundsatzartikel zu Kirchenrecht und -verfassung hatten deutliche Bezüge zum aktuellen Kirchenkampf. Für Gauger war das Kirchenrecht nur in der Bekenntnisbindung möglich, ein Führerprinzip in der Kirche lehnte er ab.


In der 1936 erschienenen Festschrift für seinen Vater ging er auch auf die repressive NS-Pressepolitik ein und betonte scharfsinnig, dass die Kirchenpresse als Teil der Verkündigung Dienst an der Wahrheit sei (Notizen, 53). Im posthum erschienenen Artikel über Notwehr stellte er fest, dass die Prüfung der obrigkeitliche(n) Amtsausübung auf ihre Rechtmäßigkeit ein von der Staatsführung gewollter Schutz der völkischen Gemeinschaft gegenüber den eigenen Staatsorganen sei! (385).


Seine Tätigkeit für die Bekennende Kirche musste zwangsläufig zu Konflikten mit Staats- und Parteistellen führen. Im Juli 1938 wurde Gauger wegen eines Rundschreibens des Lutherrats verhört. Als es im August 1938 um die Schließung einer Druckerei ging, in der auch „Licht und Leben“ gedruckt wurde, legte er sich erneut mit den Behörden an.


Dennoch ließ Gauger verschiedene Möglichkeiten Deutschland zu verlassen – 1938 Ruf an das Christian-College Madras, 1939 Rotes Kreuz in Genf –, verstreichen. Er sah für sich immer noch eine Lebensgrundlage in Deutschland.


Quelle / Titel


  • © Zitiert nach: Gauger, Martin: Beziehungen zwischen Bekenntnis und Kirchenregiment. Diss. Iur. Münster 1935, S. 11.

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