Hetze der nationalsozialistischen Presse


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Julius Brandt, ein ehemaliger KPD-Funktionär und über 17 Jahre lang inhaftierter Familienvater, hatte nach seiner Bekehrung zum Christentum im Jahr 1933 seit 1936 in der Mindener Martinikirche beim Kindergottesdienst mitgewirkt.


Zu einem Konflikt um ihn war es gekommen, nachdem Brandt im April 1938 eine Flugschrift „Martin Niemöller im Konzentrationslager“ verteilt und behauptet hatte, sie nicht von Dedeke bekommen zu haben. Die Gestapo verhörte daraufhin Dedeke und behauptete, dass Brandt gegen ihn ausgesagt habe. Prompt bezichtigte Brandt die Polizisten der Lüge.


Kurze Zeit später erschien in der Mindener Presse ein Artikel unter dem Titel „Zuchthäusler als Kinderbetreuer“, der den Zeitungen vom Reichspropagandaamt Westfalen-Nord zugestellt worden war und aus der Feder der Staatspolizei stammte. Die NSDAP hängte diesen Artikel sogar in ihren lokalen Schaukästen aus. Dedeke wurde vorgeworfen, Kinder nicht vor dem schädlichen Einfluss des ehemaligen Zuchthäuslers bewahrt zu haben.


In der SS-Zeitschrift „Das Schwarze Korps“ vom März 1939 war ein Bild abgedruckt, auf dem Brandt mit einer Küchenschürze bekleidet lächerlich gemacht wurde. In der Folge versuchten die kirchlichen Vertreter, ihr Verhalten zu rechtfertigen bzw. Dedeke überhaupt aus der Angelegenheit herauszuhalten, während sich auf der anderen Seite nun insbesondere das „Schwarze Korps“ mit Hetzartikeln gegen den Pastor und die Kirche äußerte. Weiter angestachelt wurde die Angelegenheit durch eine Strafanzeige, die Dedeke gegen den Verfasser des ersten Artikels stellte.


Die Auseinandersetzung insgesamt machte deutlich, dass die Differenz zwischen der theologischen Position der Kirchenvertreter und der nationalsozialistischen Weltanschauung immer größer wurde. Während die Kirchenvertreter betonten, dass ehemalige Verbrecher wie Brandt durch Sündenvergebung auf einen besseren Weg gelangen könnten, gingen die Nationalsozialisten davon aus, dass eine verbrecherische Gesinnung genetisch festgelegt und nicht auszumerzen sei.


Der Artikel aus dem „Schwarzen Korps“ vom November 1940 berichtet unter anderem von einer neuen anstehenden Verhaftung Brandts, nachdem dieser wegen der Verkuppelung seiner minderjährigen Tochter erneut angeklagt worden war.


Quelle / Titel


  • „Das Schwarze Korps“ vom 28.11.1940

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