Vorgeschichte der Breslauer Bekenntnissynode


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Bereits bei der 9. Bekenntnissynode, die am 12. und 13. Oktober 1940 in Leipzig tagte, hatten die Synodalen über eine Stellungnahme zur „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ diskutiert. Ein endgültiger Beschluss zu der Frage wurde jedoch nicht gefasst, es wurde aber ein theologisches Gutachten in Auftrag gegeben, das der Berliner Theologe Heinrich Vogel ausarbeiten sollte.


Das Gutachten, in dem die Tötung kranker Menschen eindeutig als Mord an Wehrlosen eingestuft wurde, lag der 10. Bekenntnissynode 1941 vor. Ein eindeutiger Beschluss wurde, trotz der Unterstützung vor allem durch den Brandenburger Amtsgerichtsrat Lothar Kreyßig und den westfälischen Pfarrer Ernst Wilm, nicht gefasst, weil er als zu riskant angesehen wurde.


Eine weitere theologische Orientierung gab Dietrich Bonhoeffer im Frühjahr 1943 kurz vor seiner Verhaftung, in der er klar aussprach, dass auch die staatliche Macht an die Gebote Gottes gebunden sei und nur in diesem Rahmen Gehorsam einfordern könne.


Im Vorfeld der Breslauer Synode hatte im August 1943 die schlesische Bekenntnissynode getagt. Unter Berufung auf das Barmer Bekenntnis hatte sie in einem „Wort zum Weg der Kirche“ klare Worte zur Abgrenzung der Kirche gegenüber dem Staat gefunden. Dabei griff sie die Standpunkte des Barmer Bekenntnisses auf und passte sie den aktuellen Begebenheiten an:


,Wie Jesus Christus Gottes Zuspruch der Vergebung aller unserer Sünden ist, so und mit gleichem Ernst ist er auch Gottes kräftiger Anspruch auf unser ganzes Leben(Barmen 2).


Die Kirche hat Gottes heiligen und gnädigen Willen, wie er in den Zehn Geboten und der Botschaft von der rechtfertigenden Gnade Gottes geoffenbart ist, für alle Bereiche unseres menschlichen Lebens zu verkündigen. Die Kirche kann keine eigengesetzlichen, der Herrschaft Christi entzogenen Bereiche unseres menschlichen Lebens anerkennen.


Es widerstreitet diesem Bekenntnis, wenn die Kirche in der Flucht aus der Öffentlichkeit und in sektenhafter Abschließung den Herrschaftsanspruch Jesu Christi in Gericht und Gnade gegenüber den großen Fragen des politischen und völkischen Geschehens wie Krieg, Recht und Wirtschaft verschweigt.


Darum haben wir ohne Menschenfurcht zu bezeugen, daß durch Gottes Wort auch die öffentlichen Sünden unserer Zeit: Verachtung Gottes, Mißachtung von Ehre und Leben des Nächsten, Zerstörung der Familie, Auflösung der geschlechtlichen Zucht getroffen, gerichtet und vergeben werden. Wo immer die Kirche nicht mehr wagt, die Zehn Gebote gegenüber den Sünden ihrer Zeit zu verkünden, da verliert auch ihre Predigt von der Vergebung der Sünden Vollmacht und Glaubwürdigkeit.


Wo immer die Kirche Christi Gottes Gebote nur so weit predigt, als sie dabei der Zustimmung der irdischen Gewalten ihrer Zeit gewiß ist, wird Gottes Anspruch auf unser ganzes Leben verleugnet und Gottes Zuspruch der Vergebung aller unserer Sünden vorenthalten. [Kirchliches Jahrbuch 1933–1944, 382]


Quelle / Titel


  • © Evangelisches Zentralarchiv in Berlin, Best. 500, Nr. 120

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