Botschafter des deutschen Widerstands


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Im Oktober 1940 war für Bonhoeffer eine Position in der Abwehrstelle München geschaffen worden, die ihm im Rahmen seiner scheinbaren Spionagetätigkeit ungehindertes Reisen ermöglichte.


So fuhr er im Februar 1941 erstmals in die Schweiz, wo er den völlig überraschten Karl Barth treffen konnte und Gespräche mit den Spitzen des entstehenden Ökumenischen Rates in Genf führte. Diese Begegnungen wurden bei seiner zweiten Schweizreise im August/September 1941 vertieft. Im April 1942 ging Bonhoeffer zusammen mit Helmuth James Graf von Moltke nach Oslo und Stockholm, um Fühlung zu verschiedenen Persönlichkeiten aufzunehmen. Kurz darauf unternahm er die dritte Schweizreise mit erneuten Besuchen bei Barth und anderen Freunden.


Als Bonhoeffer in der Schweizer Presse las, dass Bischof George Bell von Chichester, sein englischer Vertrauter aus Londoner Tagen, eine Visite in Schweden ankündigte, bereitete er eilig ein Treffen mit ihm vor. Der hier abgebildete Kurierausweis des Auswärtigen Amtes wurde gerade noch rechtzeitig ausgefertigt, um den Bischof im schwedischen Städtchen Sigtuna abzufangen.


Wenige Tage zuvor war Hans Schönfeld eingetroffen, Leiter der Studienabteilung im Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf. Von ihm hatte Bell bereits wichtige Einzelheiten zur deutschen Widerstandsbewegung und zum geplanten Umsturzversuch erhalten; nun kam mit Bonhoeffer ein zweiter, noch besser informierter Gewährsmann hinzu.


Ziel des Treffens von Sigtuna war es, die Existenz einer funktionierenden Opposition mit konkreten Umsturzplänen glaubhaft zu machen, um zu erfahren, wie London nach einer Beseitigung Hitlers reagieren würde. Hierzu sollte der Lordbischof einen Vorstoß beim britischen Außenminister machen. Für eine Antwort wurde ein Code verabredet.


Doch in London dachte man nicht daran, zu verhandeln. Wenn es solche Pläne gäbe, hieß es aus dem Londoner Außenministerium, wüsste man längst davon. Der Vorstoß war gescheitert.


Nach dem Krieg war Bell der Erste, der Bonhoeffers außenpolitischen Einsatz im militärischen Widerstand öffentlich würdigte. Dabei betonte er dessen christliche Motivation und berichtete, dass Bonhoeffer als Christ eine Strafe erwartet hatte. Der Akt selbst sollte als Teil der Sühne verstanden werden.


Quelle / Titel


  • © bpk/Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, Handschriftenabt., Nachlass 299/Bonhoeffer, Nr. A 61,5 (1)

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