Versorgungslage


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Die allgemeine Lebenssituation wurde in den letzten beiden Kriegsjahren immer aussichtsloser. Mit den Bombardierungen und vor allem mit dem Ausfall der von den Alliierten zurückeroberten Gebiete im Westen, Osten und Süden Europas verschlechterte sich zusehends die Versorgungslage:


Zeitweise kam es zu großen Engpässen. Der katastrophale Hunger der Weltkriegsjahre 1916/17 traf die Deutschen jedoch erst wieder gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, wobei die Verhältnisse auf dem Lande erträglicher waren als in der Stadt. Einblick in die Versorgung mit Nahrungsmitteln vermag ein SD-Bericht vom 11. November 1943 zu geben:


Ebenso wird aus Breslau gemeldet, daß in den Städten Glogau, Hirschberg, Landeshut, Liegnitz, Sagan, Schweidnitz zahlreiche Familien wochenlang keine Kartoffeln erhalten hätten. So hätten in Schweidnitz Haushaltungen mit 5 Personen seit Ende September zum 1. Male am 22.10.1943 6 kg Kartoffeln erhalten.


Besonders schlecht sei auch die Kartoffelversorgung im Kreise Hirschberg, wo sich vor den einschlägigen Geschäften die unerfreulichsten Szenen abspielten. Ähnlich lägen auch die Verhältnisse im Gebiet von Liegnitz. Manche Verbraucher würden dort bereits seit 8 Wochen auf Kartoffeln warten. Jede kleine Lieferung, die bei den Kleinverteilern eingehe, werde von den Hausfrauen regelrecht gestürmt. An eine Einkellerung hätte bis jetzt überhaupt noch nicht gedacht werden können.


Auch in Sagan bekämen weite Kreise der Bevölkerung schon seit Wochen nicht mehr ihre Rationen, da die Händler nur die Hälfte oder gar nur 1/4 der notwendigen Verbrauchsmengen erhielten. Man mache sich dort ernste Sorgen darüber, wie die Einkellerungsmenge von 44.000 Ztr. herangeschafft werden solle, wenn bereits bei der Anlieferung des laufenden Bedarfs von wöchentlich 1.200 Ztr. erhebliche Schwierigkeiten bestehen (zit.: nach: Boberach, Meldungen aus dem Reich 15, S. 6000).


Auch die Versorgung mit ziviler Kleidung oder mit Arbeitskleidung und Arbeitsschuhen wurde seit Mitte 1944 immer schlechter. Bombardierungen führten überdies zu einem massenhaften und kaum ersetzbaren Verlust von Möbeln, Hausrat und anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs.


Die bereits 1939 einsetzende Ausgabe von Bezugsscheinen für Lebensmittel, Fette, Kleidung, Möbel, Heizmaterial, Zigaretten, aber auch für Benzin oder Hundefutter sollte die Versorgung gewährleisten; allerdings berechtigten diese Scheine nur zum Empfang der Ware, eine Garantie, diese auch zu erhalten, war mit ihnen nicht gegeben.


In den Fabriken stiegen die Anforderungen auf ein bald kaum noch erträgliches Maß an. Viele Unternehmer arbeiteten eng mit der Gestapo zusammen. Letztere griff jetzt auch bei geringsten Verstößen gegen die Arbeitsdisziplin ein. Besonders bedrückend waren die „Nebenbelastungen“: Luftalarme und Aufräum- und Reparaturarbeiten raubten den dringend benötigten Schlaf. Die Folgen blieben nicht aus. Der Krankenstand in den Betrieben stieg merklich an, genauso die Zahl der Unfälle. Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge waren davon weit überproportional betroffen.


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