Ein scheinbar „christlicher Staat“


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Seit der „Machtergreifung“ am 30. Januar 1933 änderten die Nationalsozialisten ihre Religionspolitik in grundlegender Weise: Hitler gab seine bis dahin gezeigte Neutralität auf und begann, vor allem mit Blick auf die am 5. März 1933 stattfindenden Reichstagswahlen, einen kirchenfreundlichen Propagandafeldzug. Nie wieder hat Hitler so häufig und so inbrünstig Gott beschworen (Scholder) wie in diesen zwei Monaten vor der Reichstagswahl. Auch nach der Wahl setzte sich diese Entwicklung fort und Hitler gab umfangreiche Zusicherungen für beide großen Kirchen.


Hitler wurde von protestantischer Seite als gottgesandte kirchenfreundliche Alternative zum gottlosen Bolschewismus begrüßt. In seiner Regierungserklärung am 23. März 1933, zwei Tage nach der propagandistischen Großinszenierung des „Tags von Potsdam“, stufte er beide christlichen Konfessionen als wichtigste Faktoren zur Erhaltung des Volkstums ein. Aussagen dieser Art blieben nicht ohne Wirkung. Viele evangelische Christen erwarteten, dass für den „neuen Staat“ Hitlers eine christliche Wertebasis gelten würde. Vom nationalen Aufbruch erhofften sie sich, dass der Funke übersprang und sich – nach dem Ende des landesherrlichen Kirchenregiments 1918 – eine Revitalisierung ihrer Kirche einstellen würde.


Auch die evangelischen Kirchenleitungen gaben seit Ostern 1933 ihre Reserviertheit auf und stellten sich öffentlich hinter Hitler und den neuen Staat, den man für einen christlich bestimmten hielt. Weite Teile des Protestantismus verkannten anfangs den brutalen diktatorischen Charakter des Nationalsozialismus, insbesondere im Umgang mit Minderheiten. Gleichwohl bedurfte es nur weniger Monate, bis in evangelischen Kreisen die Einsicht zu wachsen begann, dass die kirchlichen Hoffnungen unter den politischen Voraussetzungen des NS-Staats sich nicht erfüllen würden. Für Ernüchterung sorgte insbesondere das Vorrücken der „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ in die kirchenpolitische Öffentlichkeit.


Quelle / Titel


  • © Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz/Heinrich Hoffmann, Bildnummer 10008063 Fotograf/Agentur: Heinrich Hoffmann

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